Emilie Mayer

Emilie Mayer – geboren 1812 in Friedland (Mecklenburg), gestorben 1883 in Berlin – ist eine der bemerkenswertesten deutschen Komponistinnen des 19. Jahrhunderts. In einer Epoche, in der die komponierenden Frauen ihre Werke zum überwiegenden Teil ausschließlich im häuslichen Rahmen – bestenfalls im Kontext eines Salons – aufführen durften, übte Emilie  Mayer ihre Tätigkeit als Vollberuf aus. Für ihren außergewöhnlichen Werdegang sind, neben dem musikalischen Talent, besondere biographische Voraussetzungen verantwortlich. 1840 beging Mayers verwitweter Vater, für den sie als älteste unverheiratete Tochter den Haushalt führte, Selbstmord – ein Wendepunkt in ihrem Leben. Von familiären Verpflichtungen weitgehend befreit und finanziell unabhängig, beschloss die beinahe 30-Jährige die Provinz zu verlassen und eine Laufbahn als professionelle Komponistin einzuschlagen.
Ihre Ausbildung erhielt sie bei führenden Musiktheoretikern ihrer Zeit – bei Carl Loewe (1796–1869) in Stettin sowie bei Adolf Bernhard Marx (1795–1866) und Wilhelm Wieprecht (1802–1872) in Berlin. Die Qualität dieser Ausbildung ist vor dem Hintergrund der allgemeinen Zugangsbeschränkungen für Frauen im Fach Komposition an Hochschulen und Konservatorien dem individuellen Eintreten ihrer Lehrer für den gründlichen Musikunterricht von Frauen zu verdanken. Marx dürfte in dieser Hinsicht besonders engagiert gewesen sein. In einem 1856 in der „Berliner Musikzeitung Echo“ erschienenen Artikel plädierte er für eine gründliche musikalische Ausbildung von Frauen und betonte, dass er sich nicht nur verbal, sondern auch praktisch um deren Förderung bemühe.
Bereits während ihrer Ausbildungsjahre verlegte sich Mayer auf musikalische Gattungen, die gemeinhin für Frauen als zu schwierig und „unschicklich“ galten. Mehrteilige Kompositionen ließen in der Kritik der musikalischen Fachwelt nicht selten die Frage aufkommen, ob Frauen generell den Ansprüchen, entfernte musikalische Gedanken sinnvoll zu verbinden, gewachsen seien. Emilie Mayers Werk umfasst eine beachtenswerte Anzahl dieser „unweiblichen“ Gattungen – 8 Symphonien, 7 Konzert-Ouvertüren (darunter die erfolgreiche Ouvertüre zu „Faust“ op. 46), ein Klavierkonzert, ein „Rondo militaire“ sowie ein breites OEuvre an Streicher- und Klavierkammermusik.
Charakteristisch für die zeitliche und stilistische Einordnung von Emilie Mayers Werken ist die Hinwendung zu jeweils einer oder wenigen Gattungen über einen längeren Zeitraum. Zu Beginn entstehen – ganz nach dem Vorbild ihres Lehrers Loewe – vor allem Lieder mit Singstimme. Aus ihrer frühen Stettiner Zeit in den 1840er Jahren stammen auch die 1. und 2. Symphonie. In der 1850 entstandenen 3. Symphonie in h-Moll vollzieht sich eine Hinwendung zu Beethovens Tonsprache, die sich auch in den Streichquartetten nachweisen lässt. Die acht im Nachlass erhaltenen Streichquartette entstehen bis 1858. Die stilistische Auseinandersetzung mit Beethoven wird durch Emilie Mayers Lehrer Adolf Bernhard Marx, der sie in diesem Zeitraum noch maßgeblich beeinflusste, angeregt und unterstützt.

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