Beschreibung

OEuvres pour piano/Klaviermusik/Piano Music
Edition en 10 recueils/Edition in 10 Bänden/Edition in 10 volumes
Volume 3: Vol. 3: Pieces pittoresque et poetiques B: 1895 – 1905
Besetzung: Klavier
Edition: Partitur
Herausgeber: Eberhard Mayer
Schwierigkeit: mittelschwer

Inhalt:
La chanson du rouet op. 24
Papillons op. 28
Romance sans paroles en la bémol majeur op. 29
Méditation op. 33,1
Marionnettes op. 42
Carillons mystiques op. 31
Barcarolle en si bémol majeur op. 41
Sorrente op. 61
Le Moustique op. 66

Die stilistische Vielfalt der Klaviermusik von Mel Bonis, die sich aus der langen Zeitspanne ihrer Entstehung erklärt (1888-1937), vermittelt zudem den Eindruck, als habe sie einen Abriss der Klaviermusik im historischen Wandel zeichnen wollen. Die historischen Reminiszenzen werden dabei durch ihre persönliche Tonsprache in zeitgenössische Klänge verwandelt. Die Universalität und der Wert ihres Klavierwerks bilden eine wichtige Brücke von der Romantik zur französischen Postromantik, und viele ihrer Klavierstücke stellen durch ihren harmonischen Erfindungsreichtum einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des französischen Impressionismus dar. „Wie konnte es nur geschehen, dass diese Komponistin bis heute nahezu unbekannt geblieben ist? Beim Durchspielen des vorliegenden Bandes gerät man auf nahezu jeder Seite erneut in Begeisterung über die ausgereifte Qualität und die pure Schönheit dieser Musik. …“ (Piano News 2004)

Pièces pittoresques et poétiques

Unter dieser Bezeichnung wurden Stücke beschreibenden und poetischen Charakters zusammengefasst, die sich in Umfang und Schwierigkeitsgrad von den „Femmes de légende“ und den „Pièces de concert“ unterscheiden. Sie sind dennoch nicht leicht in der Ausführung und erfordern viel Einfühlungsvermögen. Der größeren Anzahl wegen wurden sie – nach ihrer Entstehungszeit – auf drei Bände aufgeteilt.

Der vorliegende zweite Teil der Pièces pittoresques et poétiques enthält neun Einzelstücke, die nach 1895 entstanden sind:

La chanson du rouet („ Spinnradlied „) (1895) op. 24
Rasche und gleichförmige Triolenfiguren der rechten Hand, die Geläufigkeit und Ausdauer erfordern, geben die Arbeit des Spinnrads ausdrucksvoll wieder. Das Stück wurde zum ersten Mal bei Leduc veröffentlicht.

Papillons (« Schmetterlinge ») (1897) op. 18
Dieses Stück erschien ebenfalls 1897 bei Leduc und dauert etwa drei Minuten. In seinem fröhlichen Sechs-achtelrhythmus und seinem Wechsel zwischen hoher und tiefer Lage und zwischen Dur und Moll erinnert es an den gaukelnden Flug der Schmetterlinge im Licht eines Sommertags.

Romance sans paroles en la bémol majeur
(„Lied ohne Worte in As-Dur“) (1897) op. 29
Das Stück von mittlerem Schwierigkeitsgrad erscheint zum ersten Mal bei Leduc und dauert gut drei Minuten. Die melodischen Linien, die in der linken Hand begin-nen, wechseln ständig zwischen beiden Händen.

Méditation (1898) op. 33,1
Erste Ausgabe bei Leduc. Die Méditation ist Jeanne Monchablon, einer engen Freundin der Komponistin, gewidmet. Dieses rein romantische, lyrische Stück schafft eine Atmosphäre der Innerlichkeit und erfordert trotz geringer technischer Ansprüche große Sensibilität in der Ausführung.
Mel Bonis hat gleichzeitig beim gleichen Verlag eine Fassung für Cello (oder Violine) und Klavier herausge-geben. 100 Jahre später, 1998, wurde diese letztere Ver-sion im Verlag Armiane (Versailles) wiederveröffent-licht.

Marionnettes (1899) op. 42
Durch sein flüssiges Tempo (allegro molto) erfordert das kaum mehr als zwei Minuten dauernde Stück eine be-sondere Leichtigkeit und Geschicklichkeit in der Aus-führung, damit seine Bewegung, seine Fröhlichkeit, seine Gegensätze und seine Skurrilität zum Ausdruck kommen. Ein Vergleich mit dem Stück Moustique drängt sich auf. Die Marionnettes erschienen zuerst 1899 bei Eugène Demets in Paris.

Carillons mystiques („Mystisches Glockenspiel“)
op. 31
An ein Glockenspiel erinnert eine über die ganze Länge des Stücks wiederkehrende Phrase von vier Takten, die über einem ostinaten Bass liegt. Sie gibt in vielfacher Modulation und mit den ornamentalen Umspielungen der rechten Hand die Weite des Klangraums des Glo-ckenspiels wieder, um schließlich zur Ruhe und zur Tonart des Anfangs zurückzufinden.
Die „Carillons mystiques“, die dem damals berühmten Pariser Pianisten Raoul Pugno gewidmet sind, erschie-nen zuerst 1898 bei Alphonse Leduc. Das Stück ist von mittlerer Schwierigkeit und dauert etwa drei Minuten.

Barcarolle en si bémol majeur (in B-Dur)
op. 41, postum
Die „Barcarolle“ hat Mel Bonis offensichtlich nicht für eine Veröffentlichung vorgesehen. Aber trotz der kriti-schen Haltung der Komponistin einigen Teilen des Stücks gegenüber – abzulesen an einer Streichung im D-Dur-Mittelteil und dem Vermerk „MAUVAIS“ („schlecht“) – bewahrte sie das Manuskript doch auf. Wir entdecken trotz dieser Vorbehalte ein sehr gelunge-nes erstes Thema und eine interessante musikalische Entwicklung.
Die „Barcarolle en si si bémol majeur“ ist zweifellos die erste der vier „Barcarolles“, die Mel Bonis schrieb. Das Manuskript stammt von 1899, dem Jahr, in dem auch die „Barcarolle Etude“ op. 43 (s. Pièces de concert) bei Leduc erschien. Die dritte ist die „Barcarolle en mi bémol“ op. 71 von 1906 (s. Pièces de concert) und die letzte, die „Barcarolle en sol bémol“ op. 134 ist nur in einem Entwurf von 1930 erhalten, der den Hinweis enthält: „Das Manuskript liegt bei Eschig“ (wo wir es vergeblich gesucht haben).
Das Stück von vierminütiger Spieldauer ist technisch nicht leicht zu bewältigen.

Sorrente op. 61
„Sorrente“ ist ein „mélodrame en miniature“ – eine Kunstform, die in der damaligen Zeit sehr beliebt war. Ein emphatisches Liebesgedicht, „Sorrente“ von Cécile Guinand, wird durch romantisch-impressionistische Klänge, die die Gefühlswelt der Dichterin widerspie-geln, unterlegt und ausgeschmückt..
Es ist nicht bekannt, ob Cécile Guinand verwandt ist mit Edouard Guinand, dessen Gedichte sich bei den Kom-ponisten der Zeit großer Beliebtheit erfreuten. Mel Bonis hat mehrere seiner Gedichte vertont.
„Sorrente“ wurde erstmals 1904 bei Demets in Paris veröffentlicht.

Le Moustique („Die Mücke“) op. 66
„Le Moustique“ ist ein kurzes, aber äußerst effektvolles Stück, das nur auf den ersten Blick einem Kinderstück ähnelt. In Wirklichkeit braucht man technisches Können und interpretatorische Souveränität, um das humoristisch gefärbte, naturalistische Bild der umher surrenden und heimtückisch zustechenden Mücke im geforderten Tem-po wiederzugeben.
Die Erstausgabe erfolgte 1905 bei Demets in Paris, 1993 wurde es in die von Henry Lemoine herausgegebene Sammlung von „Six pièces pour piano“ aufgenommen.
Es ist dem jungen Konzertpianisten Camille Decreus gewidmet, der der Generation der Kinder der Komponistin nahe stand.