Barbara Heller

Verleihung des Darmstädter Musikpreises 2019 an Barbara Heller

Barbara Heller wurde am 6.11.1936 in Ludwigshafen am Rhein geboren. Sie studierte Musik in Mannheim und München. Von 1958 bis 1962 war sie Dozentin für Klavier an der Staatl. Hochschule für Musik und Theater in Mannheim. Nach Kompositionsstudien bei Hans Vogt in Mannheim, Harald Genzmer in München und M. Lavagnino in Siena kam sie 1963 nach Darmstadt, wo sie bis heute als freiberufliche Komponistin und Pianistin lebt und arbeitet. Barbara Hellers Sprache ist die Musik. Sie formuliert alles in Noten: Gedanken, Notizen, Briefe, Tagebücher. Die 1936 in Ludwigshafen am Rhein geborene Komponistin hat ihr Leben lang versucht, Bild und Musik zusammenzubringen. In ihrem Elternhaus hatte weniger das Interesse an Musik, sondern vielmehr an der Bildenden Kunst vorgeherrscht. Ihr Vater arbeitete als Kirchenkunstrestaurator und »Kirchenmalerei Heller« war in Ludwigshafen über Generationen ein Begriff.

Ein Schwerpunkt in Barbara Hellers Werkschaffen ist die Klaviermusik. Sie schreibt sehr viele Werke für den Klavierunterricht, die neben technischen Fertigkeiten auch musikalisches Allgemeinwissen vermitteln möchten. Der Spielspaß steht an erster Stelle, darüber hinaus gibt es reichlich, aber unauffällig Gelegenheit zum Lernen. Barbara Hellers Klavierstücke sollen nicht nur einfach interpretiert werden. Die Schüler lernen beim »Spielen« auch mit der Musik eigenschöpferisch umzugehen, Experimente zu machen. Viele Stücke regen an, nach Lust und Laune verändert zu werden. Barbara Heller möchte die Schüler dazu anregen, eine eigene musikalische Welt zu entdecken.

Mit leidenschaftlicher Experimentierlust

Barbara Hellers Musik ist geprägt durch eine große stilistische Fülle sowie ein Bewusstsein für Tradition als Fundament für Weiterentwicklung: ernst und leidenschaftlich, impulsiv und spielerisch, streng gearbeitet oder mit viel Freiheit zur Improvisation. Offenheit und Experimentierlust kennzeichnen ihre Werke, die traditionell oder grafisch notiert sein können.

Barbara Heller lebt und arbeitet wechselweise in Darmstadt, im Odenwald und auf der Insel La Gomera. Die Klänge aus der Natur und der Umwelt sind oft Anregung für ihre Kompositionen. Kommunikation in Musik und Musik als Tagebuch: Hier trifft sich Barbara Heller mit »ihrer Schwester im Geiste« Fanny Hensel, von der sie einige Klavierwerke ediert und aufgeführt hat.
Sie war 1978 Gründungsmitglied des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik e.V. und bis 1981 dort im Vorstand. In zahlreichen Vorträgen, Rundfunksendungen und Noteneditionen stellt sie die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit im Bereich Frau und Musik vor. Als Pianistin und Herausgeberin beschäftigt sie sich insbesondere mit der Klaviermusik von Fanny Hensel geb. Mendelssohn Bartholdy und mit internationaler zeitgenössischer Musik. 1986 bis 1993 war sie Vorstandsmitglied des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung in Darmstadt. Bis etwa 1998 experimentiert sie häufig mit bildenden KünstlerInnen, improvisiert und komponiert viel in Kollektivprojekten, macht Tonbandcollagen und Klanginstallationen zu Ausstellungen. Ihr Werk umfasst in erster Linie Klavier- und Kammermusik, in den letzten Jahren auch Lieder.

Weitere Informationen über Barbara Heller

Die Musik von Barbara Heller

Von Dr. Sabine Wiedl-Achilles

»Stationen«  nennt Barbara Heller die grafische Komposition für gemischtes Ensemble, die sie 1994 als Auftragswerk für das 5. Musica Rara Festival in Erfurt komponierte – und »Stationen« sind im Grunde all ihre Werke: Momente/Haltepunkte einer vielschichtigen, sich gleichsam organisch weiterentwickelnden Kompositionspraxis, die in 4 Jahrzehnten Arbeit ganz unterschiedliche Gestaltungsformen gefunden hat.

Ihr Werkverzeichnis ist ebenso umfangreich wie vielseitig – angefangen von Stücken für kammermusikalische Besetzungen, von Liedern bis hin zu Tonbandcollagen, freien/grafischen Notationen und Klanginstallationen.

Die Komponistin ist immer offen für Anregungen gewesen, für Begegnungen, sich daraus ergebende Anstöße und Aufträge, Workshops und oft medienübergreifende Konzert- und Kunstprojekte. Sie ließ sich auch begeistern zu ihrer Forschung und Dokumentation über Hermann Heiß (1970-75), zur Mitwirkung im Vorstand des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt (1986 bis 92), für die jahrelange Konzert- und Unterrichtstätigkeit als Pianistin und vor allem für ihr Engagement für die Gründung des Internationalen Arbeitskreises »Frau und Musike.V.“ (seit 1978). Die vielen künstlerischen Projekte mit anderen und für andere kennzeichnen eine Künstlerin, die immer wieder »über sich hinaus« Initiative ergriffen und Prozesse in Bewegung gebracht und bei allen diesen Unternehmungen (und auch gerade durch all diese Initiativen) ihren eigenen Weg gefunden hat.

Geboren 1936 in Ludwigshafen, verbrachte Barbara Heller ihre Jugend und Ausbildungszeit in Mannheim, wurde musikalisch früh gefördert und studierte Komposition und Klavier (wichtigster Lehrer: Hans Vogt). Als 20jährige erhielt sie ein erstes Stipendium für die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt und wurde kurze Zeit später Wahl-Darmstädterin. Hier wuchs ihr Sohn auf, hier ist auch heute noch ihr Lebensmittelpunkt – neben dem Odenwald, Italien, La Gomera und all den anderen »Stationen«, die ihr Leben prägten.

Die meisten frühen Kompositionen sind für Klavier geschrieben, entwickelten sich aus pianistisch/ kompositorischer Perspektive (natürlich gibt es Ausnahmen: so die Sinfonietta für Streichorchester aus dem Jahre 1959, die u.a. 1995 in Kiew aufgeführt wurde). Eine bedeutsame Entscheidung für ihre Arbeit war, ein musikalisches Tagebuch zu beginnen: Figuren und Melodien, die aus jedem Kontakt mit Musik wie von selbst entstehen, einfach aufzuschreiben, der inneren Stimme zu vertrauen. Barbara Heller wurde zur passionierten Sammlerin (musikalischer) Erlebnisse, notierte sowohl Skizzen und Kompositonsentwürfe als auch einfache Eindrücke und Stimmungen, die Momente des Flüchtigen, Zufälligen einfangen. Wichtige Kompositionen erwuchsen direkt aus diesem Archiv: z.B. «Currants – Johannisbeeren – ein Sommertagebuch für Klavier« von 1984. Die Arbeit am Tagebuch gab aber auch den Anstoß zu jener Offenheit, mit der Barbara Heller sich immer weitere, gleichsam expandierende, kompositorische Möglichkeiten erschloss: ihre experimentelle Hinwendung zu »außermusikalischen« Klangwelten (etwa zu den Klanginstallationen »Hörstationen« oder »Klang-Zeichen« 1994/93), zu Kompositionen »mit Sprache« , z.B. »Das Bekannte und das Unbekannte« (1995), den elektronischen »Tonzeichen« (1995) oder den »Kartenspielen« (ab 1994). Immer wieder entschied sie sich, eine Komposition in der Konzentration auf einige keimzellenhaft zugrunde liegende Aspekte zu beginnen: auf Klangbereiche, Intervalle (großartig: das »Quintenbuch«, 1989), Melodien oder Figuren. Sie schreibt Stücke ganz im Hinblick auf einzelne Instrumente (z.B. »Eins für Zwei« für Violine und Cello -1985 oder »La Palmera« für Flöte und Klavier – 1997) .

Waren früher oft programmatische Impulse erkennbar (am deutlichsten wohl in »Im Feuer ist mein Leben verbrannt« für gemischtes Ensemble, 1987 – oder in den verschiedenen Versionen von »LALAI« ) so sind es in neuerer Zeit zunehmend lyrische, melodiöse Momente. So entstand 1989 der italienisch-deutsche Liederzyklus »Come una colomba -wie eine Taube« (Auftrag und Uraufführung anlässlich des »Klang-November« Arau/CH) und 1999 das Chorprojekt »Alles hat seine Zeit« (in Montalot/Frankreich). Und weiteren Anlass zur Beschäftigung mit Poesie gab 1999 die University of Chicago in Verbindung mit dem Goethe-Institut durch den Kompositionsauftrag zum Liederzyklus »Nun sind die Kraniche längst im Süden..”. Barbara Heller geht in diesen »Vertonungen« einen ganz persönlichen Weg, arbeitet an einprägsamen, assoziativen »singbaren« und mehr und mehr »archaischen« Figurationen (wie schon im »Hundertmelodienbuch« von 1998).

Die Musik, die Barbara Heller schreibt, ist zugleich kontemplativ und experimentell. In den immer wieder neuen Gestaltungen ihrer musikalischen Sprache scheint sich eine Richtung abzuzeichnen: die Suche nach einer endlosen, sich wie aus sich selbst entfaltenden und auf geheimnisvolle Weise alles verbindenden Melodie. (September 2000)

Alle Rechte bei: S. Wiedl- Achilles, Luisenplatz 4, D- 666665185 Wiesbaden, tel: 0611/ 306526

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